Liebe Mitpilger,

gestern hat uns Claudia zum Eisessen in die Stadt eingeladen. Wir haben damit den Sommer verabschiedet und den Herbst willkommen geheißen. Die Sonnenstrahlen waren wohlig warm und haben die Seele gestreichelt. Doch wenn sich eine Wolke vor die Sonne geschoben hat, war es schon recht frisch.

Abschied nehmen und willkommen heißen begleitet uns das ganze Leben lang. Die Grundkräfte des Lebens sind Wachstum und Niedergang, Werden und Vergehen. Das Abschied nehmen ist oft mit einer zarten Traurigkeit verbunden. Weil wir etwas loslassen, empfinden wir den Schmerz der Vergänglichkeit. Dann ist es wichtig, sich dem Neuen zuzuwenden, um mutig aufbrechen zu können. So lange der Schwerpunkt beim zuversichtlichen Aufbruch liegt, so lange sind wir am Wachsen und gehen der Zukunft entgegen. Hält allerdings die Trauer an, dann hat der Niedergang begonnen, der mich in der Vergangenheit festhält.

Eigentlich findet immer Wachstum und Niedergang statt, und zwar zur gleichen Zeit. Mein körperliches Wachstum ist längst abgeschlossen. In dieser Beziehung bin ich seit vielen Jahren im Niedergang und kann ihn auch deutlich spüren. Dafür wachse ich in Gelassenheit und Frieden. Biblisch gesehen ist unser Leben ein Reifeprozess. Und wenn Gott erntet, dann pflückt er mich vom weltlichen Stock und bringt mich ein in die Scheune der Ewigkeit.

Der Herbst beschreibt diese Wirklichkeit auf wunderbare Weise. Das Geheimnis der Wandlung allen Lebens zeichnet er in bunten Farben.

Die beiden zentralen kirchlichen Feste dieser Jahreszeit greifen dieses Wunder auf. Das Erntedankfest stellt uns vor Augen, dass jeder Abschied im Zeichen der Ernte steht, und damit unter Gottes Segen. Deshalb dürfen wir fest darauf vertrauen, dass unser Leben und Tun nicht sinnlos ist und unser Dasein nicht im Nichts verhallt. Im Gegenteil – es strebt der Vollendung entgegen. Das meint das Allerheiligenfest. Jeder Mensch ist Gott heilig, also ganz besonders wertvoll. Deshalb bringt Er jeden Menschen ins Ziel und schenkt ihm das Heil, zu dem wir von Anfang an geschaffen waren.

So kann ich den Sommer loslassen und mich mit Zuversicht dem Herbst überlassen. Das Leben ist nicht tot zu kriegen, es ist Verwandlung!

Mit frohem Gruß

Euer Mitpilger Volker