Liebe Mitpilger,

mein Freund Udo ist vor wenigen Monaten 60 geworden. Im Zuge dessen zeigt sich eine sanfte Wertewandlung. Er hat mir folgende alte bayrische Hausinschrift gezeigt, in der sich dieser Prozess widerspiegelt:

Dieses Haus ist mein,

und doch nicht mein.

Der nach mir kommt

kann´s auch nur leihn.

Und wird’s dem Dritten übergeben –

er kann´s nur haben für sein Leben.

Den Vierten trägt man auch hinaus –

sag: wem gehört nun dieses Haus?“

Alles in unserem Leben ist nur auf Zeit geliehen. Das gilt sogar für das Leben selbst. Und jeder Mensch weiß, dass das letzte Hemd keine Taschen hat. Aber wir machen aus diesem Wissen kein Bewusstsein, das Grundlage für eine entsprechende Haltung wäre. Die erste Frucht wäre Freiheit. Irdischer Glitzer, in welcher Form auch immer, hätte überhaupt keine Ausstrahlung mehr.

Ach Volker, du bist so anspruchslos“, höre ich dann manchmal. Doch das stimmt nicht; im Gegenteil. Was die Welt mir bietet, reicht mir nicht. Ich strecke mich aus nach Gott. Die Welt ist mir zu wenig. Damit kann sie mich auch nicht gefangen nehmen.

Unsere tiefste Sehnsucht überschreitet alles Irdische. Sie ist der Phantom-Schmerz unserer Seele, die um die ursprüngliche Einheit mit Gott weiß und an der Trennung/Amputation leidet. Damit weist die Sehnsucht über die Welt hinaus. Wenn ich ihr keinen Raum gebe, wird aus der Sehnsucht nach Gott eine Sucht nach irdischen Drogen, die mich in eine Abhängigkeit führt. Verlustängste sind der Tribut, den ich dann der Welt zu bezahlen habe. Macht, Ehre und Besitz sind die drei wesentlichen Drogen, die uns die Welt anbietet.

In der Fastenzeit machen wir eine Entziehungskur. Wir sagen Nein zu den Drogen, damit das Ja zu Gott wieder lebendig wird. Damit werden auch wir lebendig; das bedeutet biblisch: liebevoll. Das ist der eigentliche Exodus aus der Sklaverei in die Freiheit der Kinder Gottes. Gehen wir gemeinsam mutig und voller Vertrauen diesen Weg. Es ist der Weg Jesu Christi.

Mit frohem Gruß Euer Mitpilger Volker